Chronik

Gemeinde Chronik

Zur Topographie und Geschichte des Standortes

Im heutigen Stadtgebiet von Köln führen acht herrliche Brücken über den Rhein und bekunden den energischen Willen, ehemals scharf getrennte Welten zusammenzuschließen. Das rechtsrheinische Ufer wird noch immer die „schäl Sick“ genannt, was inzwischen aber mehr liebevoll scherzhaft als verächtlich klingt; denn wo hässliche Industrievororte, ödes Brachland und enge gewundene Straßendörfer planlos ineinander geschoben waren, wird jetzt nach modernen Kriterien saniert und strukturiert, bis eben Verwaltung (Rathaus, Polizeipräsidium), Messe, saubere Industrie, Verkehr (Autobahnen, Fern-bahnhof, Flughafen) usw. als notwendiges Funktionsgefüge die altehrwürdige Kultur-metropole mit der schönsten Stadtsilhouette Europas (auf dem linken Rheinufer natürlich!) sinnvoll ergänzen können.

Das Gelände steigt im Kölner Osten terrassenförmig an bis hin zum Bergischen Land, an dessen Fuß eine uralte Straße entlangführt. Das ist der Mauspfad: ein Abschnitt des vorgeschichtlichen Heer- und Handelsweges der Kelten und Germanen, etwa 40 km lang von Siegburg bis Leverkusen, d. h. also zwischen Sieg und Wupper, einen flachen Bogen beschreibend, der das rechtsrheinische Köln weiträumig umgreift und begrenzt.

„Mautpfad“ – wie der Weg ursprünglich hieß – bedeutet: das ist Zollgrenzbereich mit abwechselnden Hoheiten; hier mussten die durchreisenden Händler oder Bauern ihren jewei-ligen Wege-Zoll entrichten.

Dieser Mauspfad nun wird auf ganzer Länge von riesigen Grabhügel-Feldern gesäumt, Zeugnissen eines lebhaften Siedlungs-Impulses, der in die ältere Eisenzeit (Hallstattzeit) zurückführt, also in die erste Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. Es war eine nicht rein bäuerliche Kultur, vielmehr waren auch Hirten und Jäger (welch ein Omen!) einheimisch; manches deutet sogar auf einen kriegeri-schen Charakter der Beteiligten! Die bedeutendste Kumulation von (Urnen-) Gräbern (nämlich 1.200) findet sich auf der Iddelsfelder Hardt in der Gegend des heutigen Ostfriedhofs, unweit der Einmündung des Bensberger Marktweges in den Mauspfad.

An dieser markanten Stelle auf einem prachtvollen Hügel über dem Dell-brücker Mauspfad hat ein humorbegabter, sehr einsichtsvoller und wohlwollender Genius loci sein Zusammentreffen mit der Christengemeinschaft vereinbart, nachdem er schon einmal vor fast 70 Jahren einen respektablem Anlauf genommen hatte, mit der Bewegung für religiöse Erneuerung verbindlich zu werden; er ließ nämlich ein paar Häuser weiter oben Johannes Lauten, den späteren Lenker des Christengemeinschaft in Westdeutschland, das Licht dieser rechtsrheinischen Welt erblicken. Aber das war ihm nicht genug; er wollte dauernde Bodenhaftung, und fügte mit großer Bedächtigkeit unter begleitenden Glücksumständen den Kirchen-Grund hinzu.

Kleine Gemeinde – Chronik

Wie hat sich die Christengemeinschaft in Köln-Ost gebildet und entwickelt?

Es gab in der Frühzeit der von Gottfried Husemann begründeten Kölner Gemeinde ein ganze Reihe von sehr treuen und tätigen Mitgliedern, die im Rechtsrheinischen wohnten, nicht nur Familie Lauten. So erinnerte sich z. B. der längst verstorbene Dr. Hans Spelbrink (später der erste Kassenwart der sich allmählich formierenden „Gemeindegruppe Bergisch Gladbach“), wie in seinem Elternhaus (Iddelsfelder Str. 38 – also ganz in der Nähe des jetzigen Standortes am Dellbrücker Mauspfad) vor dem Kriege schon viele Jahre lang die rechtsrheinischen Freunde zur Feier der Menschenweihehandlung zusammengekommen waren.

Nach dem Kriege bildeten sich Arbeitskreise und Aktivitäten in Bensberg

heraus, was zum Teil auch damit zusammenhing, dass Anfang der 50er Jahre

der Urpriester Wilhelm Ruhtenberg nach wechselvollen und rätselhaften Schicksalen dort lebte und starb. Diese Initiativen bezogen sich aber auch auf Pädagogisches und Heilpädagogisches und trugen mancherlei temporäre Früchte. Noch in dem späteren großen „Schwegler-Kreis“ der 70/80er Jahre war Waldorfpädagogik als Intention mitenthalten. So kam es dann ja auch, dass in Bergisch Gladbach (Bensberg war inzwischen eingemeindet worden) die Waldorfschule ansässig wurde, und eben nicht in Leverkusen, Porz oder Troisdorf, den konkurrierenden Alternativen, welche damals im Gespräch waren.

Natürlich waren die Schicksale der sich bildenden Gemeinde im Kölner Osten mit dem Bergischen Einschlag auch nach erfolgter Ausdifferenzierung der verschiedenen „anthroposophischen Initiativen“ noch immer mitgeprägt von den gemeinsamen Lebensverhältnissen in der geistigen „Verwandtschaft“. So kam es dann, dass die ausgedehnte Suche nach möglichen Räumen für einen bescheidenen Beginn mit der Kultus-Ausübung da endete, wo von Anfang an das Angebot bestanden hatte: im Haus bzw. Garten der Paffrather Str. 36 in Alt-Bergisch Gladbach, oberhalb des

S-Bahnhofes, wo bereits eine anthroposophische Arzt-Praxis angesiedelt war. Nur der Großzügigkeit und dem Einfluss von Schwanns, den Haupt-Initiatoren der Waldorf-Einrichtungen in Bergisch Gladbach, ist es zu verdanken, dass da eine Versammlungsstätte für die Christengemeinschaft geschaffen und sogar von der

Stadt stillschweigend geduldet worden ist.

Die bis dahin im Haus Schwegler versammelte Sofa-Gemeinde mauserte sich. Wie das Gemeinde-Leben in dem schon lange nicht mehr genutzten Garten-häuschen vor sich gehen sollte, konnte sich niemand so recht vorstellen; man musste es einfach ausprobieren. Vorbereitungen und Ausbau mit wenig Geld

und viel Eigenleistung im Sommer 1987 erbrachten dann das vielgeliebte Kapellchen in dem herrlichen Garten mit der unvergesslichen Nußbaumpersön-lichkeit, die so manches Kinderfest und andere Freiluft-Geselligkeit in ihren erquicklichen Schatten aufgenommen hat.
Pfarrer Schädel mit den Kindern
Die verschiedenen Gruppierungen und Arbeitskreise aus Porz, Leverkusen, Gummersbach, Siegkreis konnten nun allmählich mit dem bewährten Bensberger „Schwegler-Kreis“, der eigentlichen Keimzelle, zu einer Kultusgemeinde verschmolzen werden.

Es waren für die meisten Beteiligten Ersterfahrungen mit dem kultischen Geschehen. Verursacht und ausgelöst ist diese Gründung aber vor allem durch eine zahlreiche Kinderschar, deren Religionsunterricht durch die Sonntagshandlung ergänzt werden sollte. Es gab viele Taufen meist älterer Kinder. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne; es waren gesegnete Zeiten – diese fünf Jahre.

Rotes Haus Mehrheim
Im Sommer 1992 konnte die Gemeinde das mit gewaltigem Kraftaufwand bewohnbar gemachte Rote Haus in Köln-Merheim beziehen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war die außerordentlich günstige Erreichbar-keit von allen Seiten des großen Einzugsgebietes. Dann erst, als eine Art atmosphärischer Bereinigung im Haus und in der eher problematischen Umgebung als offenkundige Auswirkung der Menschenweihehandlung erlebbar wurde, stellte sich heraus, dass Merheim über die Jahrhunderte hinweg das kirchliche Zentrum im Rechtsrheinischen gewesen ist.

Wiederholt erwogene Geländezukäufe und Umbauten erwiesen sich als undurchführbar, und so geriet das liebevoll durchgearbeitete Gehäuse mehr und mehr zu einem Hindernis für die gesunde Entfaltung der Gemeinde. Und doch würde es schwer werden, aus dieser selbstverschuldeten, nostalgisch belegten Gefangenschaft jemals wieder freizukommen…

Da nun tut der Schutzgeist der noch jungen Gemeinde einen genialen Griff in das vorbereitete Material der Möglichkeiten, indem er den Genius loci der Stadt Köln dahin bringt, für die Neue Kirche – als eigentliches Herzstück einbezogen in das Philia-Projekt („Lebensräume schaffen – miteinander und füreinander“) – den schönen Grabhügel am Dellbrücker Mauspfad/Bensberger Marktweg vorzusehen.

Er tut noch ein übriges: Er macht das Rote Haus für bestimmte Markt-Interessen so gezielt begehrenswert, dass es teuer verkauft und dann abgerissen werden kann – nach 10 Jahren erfüllten Gemeindelebens!

Nach einer entbehrungsreichen Übergangszeit in der ehemaligen Post (mit Schalterraum, Packraum und Paketraum!) von Köln Brück (2002 – 2005) hat die Gemeinde nun äußerlich ihr Ziel gefunden.Neue Kirche Der Gemeinde Köln Ost, Zeichnung: Andreas Bücklers

In einem inneren Sinne aber möchte die „Bewegung“ lebendig wachsen und immer weitere Kreise ziehen.

Kleiner Kirchenführer

Unter den berühmten zwölf Romanischen Kirchen in Köln, die nach den Kriegszerstörungen mit einem beispiellosen Restaurationswillen im Laufe eines halben Jahrhunderts für die baukörperliche Erscheinung zurückgewonnenwerden konnten, heben sich drei ganz besonders hervor: Groß St. Martin, St. Aposteln und St. Maria im Kapitol – und zwar sind sie durch ihre Dreikon-chenform einzigartig in der Rheinischen Hochromanik (Weitere Beispiele sind nur St. Quirin in Neuß und das Münster in Roermond).Rotes Haus Mehrheim
Diese drei Konchen harmonisieren das Grundkreuz von Längs- und Querachse bis zu einer Art Auferstehungs-empfindung, indem sich der Durchdringungsraum beider Kirchenschiffe – also die sogenannte Vierung – wunderbar weitet und klärt. Die rechten Winkel in denen die Konchen aufeinander treffen, werden in St. Maria im Kapitol durch vorgesetzte Säulenreihen (dem halbkreisförmigen Wandverlauf folgend) entschärft, so daß die beiden Formgeber romanischer Architektur, nämlich Kubus (Erde) und Kugel (Himmel) in Abwandlung auch hier miteinander spielen. Es haben sich ja in der Geschichte des Kirchenbaus zwei Grundtypen deutlich herausgeformt: einmal die Zentralkirche – hervorgegangen aus der runden Tauf-kapelle (Baptisterium), der womöglich ein gleicharmiges, griechisches Kreuz im Grundriß eingeschrieben ist; zum anderen die aus der Basilika entwickelte geostete Langschiffkirche, der womöglich ein lateinisches Kreuz im Grundriß eingeschrieben wird, so daß mit dem kürzeren Querschiff und der Vierung die charakteristischen Merkmale gegeben sind. Wie diese beiden Typen in der Orthodoxen und in der Römischen Kirche figurieren, kann zum Beispiel abgelesen werden an der Hagia Sophia in Konstantinopel und am Kölner Dom. Die neue Kirche der Christengemeinschaft in Köln-Ost nimmt das Motiv der drei Konchen wieder auf, verstärkt jedoch die Ost-West-Orientierung durch eine Aufwei-tung des Gemeinderaumes, dessen Nord- und Südwand leise s-förmig ausschwingt. Im Westen begegnen diese gerundeten („sphärischen“) Formen einem etwas markanteren („kristallinen“) Wandabschluß.

Rotes Haus Mehrheim

Die Konchen sind durch vertikale Fensterfugen über die ganze Höhe hin voneinander abgegliedert und auch vom Gemeindebereich nochmals getrennt. Die eigentliche Lichtführung des Gesamt-Raumes wird durch diese vertikalen Bänder bestimmt, während die vier goldtonigen Alabaster-Fenster (in den drei Konchen jeweils runde, in der Westwand ein trapezförmiges) als Orientierungs- lichter dienen und alle motivlichen Variationen des Baukörpers in einer höheren Symmetrie zusammenschließen. Die von West nach Ost langsam ansteigende einheitlich tonnengewölbte Decke ermöglicht im Design intarsien-artig (durch einen geringen Materialwechsel in den Deckenplatten) die Projektion des Dreikonchengrund-

risses und die nochmalige Betonung der Längsachse. Ringsum klar gerandet, ist sie in eine umlaufende breite Schattenfuge eingehängt, was ihr eine befreiende Leichtigkeit gibt.
Grundriß der Kirche der Christengemeinschaft Köln OstDeckenform der Kirche der Christengemeinschaft Köln Ost

Den drei Konchen sind nun – nicht zwingend, nur der Möglichkeit nach – verschiedene Funktionen zugewiesen: Die Südkonche (der Sakristei vorgelagert) gibt Raum für den feierlichen Einzug der liturgisch Handelnden bei den verschiedenen kultischen Anlässen, kann aber auch für vorbereitende Sakramentsgespräche genutzt werden,

bei denen man den Altar vor Augen haben will; die Ostkonche trägt natürlich den Hauptaltar und – schon an der Schnittstelle mit der Nordkonche – die Kanzel; die Nordkonche selbst kann eine eigene Tauf- und Traukapelle bilden, in deren Mitte der Tauftisch steht, am besten fest eingebaut (Die Gemeinde kann vielleicht daran gewöhnt werden, bei Taufen dem Priester gegen-über im Halbrund zu stehen.). Sowohl in der Südkonche wie in der Nordkonche können aber auch – z. B. bei Abendandachten – Chöre und Instrumentalgruppen placiert werden, wenn sie die herkömmliche Musik-Ecke im Westen einmal verlassen wollen. Die Ostkonche enthält ein Podest, das ihren halbkreis-förmigen Grundriß zu einem etwas modifizierten Vollkreis ergänzt und dann noch einmal eine dreistufige Erhöhung bringt, auf der der Altar seinen Platz hat. Unter dem Altarraum befindet sich die Krypta über oktogonalem Grundriß, der in die Konchenform eingeschrieben ist. Über dem quadrischen Blockaltar gewinnt der Raum an Höhe, weil sein Deckenverlauf den bogenförmigen Podeststufen der Oberkirche folgt. Zu beiden Seiten des Altars gibt es außen im Berg Lichtschächte, die durch schmale vertikale Fenster ein wenig Tageslicht einführen.

Die Ausstattung

Oberkirche
Altar: Stipes – Basaltsäulen mit Basaltlavaplatten

Mensa – Gebleichte Buche

Bildträger: Stahlrohre mit Glasplatte

Altarbild: Acryl auf Leinwand (Ninetta Sombart)

Leuchter: Bronze (Christoph Loos)

Vasen: Keramik aus Adendorf

Kanzel: Birkenpult mit integrierter Basaltsäule

Konchenbänke:Birke

Stühle: Birke

Krypta

Altar: Stipes – Vietnamesischer Blaustein gestapelt

Mensa – Blausteinplatte

Altarbild: Acryl auf Leinwand (Ninetta Sombart)

Leuchter: Keramik aus Bergheim

Vasen: Keramik aus Adendorf

Stühle: Birke